Odin revisited

Auf den Tag genau (!) vor fünf Monaten – mein Bifröst führt über die Ständlerstraße zum MVG Museum, dem Münchner Tempel für Nahverkehrsgeschichte und an drei Tagen (27. Februar – 1. März 2015) hochprozentige Thingstätte des Finest Spirits Festivals – endlich »Valhalla« zum Vierten: Highland Parks Odin jetzt auch zum Antrinken!

Erste Verkostungsnotiz des Tages (weitere Odin-Notate in écriture automatique auf den nächsten Seiten ignoriere ich diskret) in halbwegs diplomatischer Transkription. Man beachte vor allem den um ein Jahr vordatierten Termin! „Sind Götter?“ (F. Dahn) „daran Schuld?“ (M. Montfort):

Odin revisited full

Highland Park Odin – der ganze Geschmack schwarz auf weiß.

HP Odin
i[n] d[er] H[and]: viel Holz, feucht, Trufa [span. für „Trüffel“; der Autor meint hier Pilz & Praliné]
neat:
N[ase:] Jerez-lastig [wieder der Rückfall ins spanische Idiom – Heimatgefühle?], ziemlich viel Frucht, „Barrique”, zart Rauch [,] nimmt dtl. zu
G[aumen:] Sherry [öha!] satt, extrem fruchtig, Schokoladle [warum »-ladle«? Xocolatl? Schokoladenlädle?]
F[inish/azit:] wunderbar „easy-drinking“ [man beachte die pietätsvollen? Anführungszeichen] mit viel Druck, nie fett, nie patriarchalisch, [nie] göttervaternd

m[it] W[asser]:
N[ase:] mit W. [seltsame Doppelungen, irritierendes Abbreviaturverfahren] extrem leichtfüßig, zart Vanille + Toffee (klassisch?) [altniedernordisch archaisch?] Rauch nicht mehr
G[aumen:] Süße nimmt zu [,] Schärfe interessanterweise auch, trockener, dtl. trockener [schrieb’s und wiegte bedächtig sein Haupt] rote Früchte, Rosen? [Laurin?]
F[inish/azit:] fast zu schnell weg, Persistenz nicht ganz so glorreich, Frucht wirkt etwas abgehoben, disloziert [Singlemaltistenjargon! – und im Ergebnis: „kein guter Schwimmer“]

So weit die meine ersten, in ziemlicher Hochstimmung verfassten Notizen zum vierten und letzten release der „Valhalla Collection“ aus einer meiner favorisierten Whisky-Brennereien. Nach Thor, Loki und Freya wird der nordische Götterpantheon auf Flaschen im vierten Jahr um den einäugigen Oberase Odin erweitert. Whiskymaker Max McFarlane, verantwortlich für die flüssige Charakterstudie in Malz, verabreicht seiner 16 Jahre alten Schöpfung solide 55,8 Vol.-% (zum Vergleich: Thor – 52,1 Vol.-%), Loki – 48,7 Vol.-%, Freya 51,2 Vol.-%), die allerdings gar nicht über die Maßen wuchtig wirken, au contraire! Das Logbuch einer erst jüngst unternommenen mythosensorischen Expedition gen Odin (and beyond) hält fest:

Nase: samtig und breit, mit Beerenfrucht und Blütenhonig parfümierter Rauch, getrocknete und kandierte Orangenschale, Zimt (Adventsgesteck meets Neopaganismus), ziemlich potenter Sherry-Druck (aromatisches (Süß)Holz, Trauben-Nuss-Schokolade, Röstnoten) – ein mächtiges Entrée.

Gaumen: rasante Metamorphose von Odin, dem Schlittenfahrer (Kjalarr) zu Odin, dem Wunscherfüller (Óskí) – der Alkohol jenseits der 55er-Marke ist auf den ersten Metern ziemlich präsent, um sich dann in Cinemascope, Wohlgefallen (von Bitterschokolade mit kandiertem Ingwer über getrocknete Pflaumen und Aprikosen bis hin zu Tate & Lyle’s Golden Syrup und Treacle) und Rauch (gefällt noch mehr) aufzulösen. Bei aller Präsenz: Das ist, wie gehabt, sehr „easy-drinking“ – was wir „naturgemäß“ äußerst positiv bewerten!

Finish: Schöne, fast göttliche Länge, wieder Sherry(holz), wieder Blütenhonig und erstaunlich wenig Rauch, der von fast bedrohlichen Cumulonimbus zu lockichten Cirrocumulus wird. Kein Abschluss mit Donnerhall, aber wozu auch?, dafür gab’s Thor.

Ein absolut gelungenes viertes und letztes Kapitel des orkadischen best of Asgard. Man mag bedauern, dass Highland Park zum einen „nur“ 17000 Flaschen produziert und diese, zum anderen, zu vergleichsweise ambitionierten £180 aufgerufen hat, but … angesichts dieser Tetralogie skandieren wir (ganz die Skalden) mit Led Zeppelin: Valhalla, I am coming!

Highland Park Odin

Highland Park Odin – macht sich im Glas noch besser als auf Papier.

Image Credits: Patrick Schlieker, Miguel Montfort.

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