Bramble & Wibble
Crème de Mûre verdankt ihren Platz in einer Bar mit einiger Sicherheit Dick Bradsell. Der Londoner Bartender und Großmeister des Mixgetränks hat mit gleich zwei Drinks dem Brombeerlikör eine Hauptrolle verschafft.
Der Bramble ist der bekanntere der beiden, ein Stammgast auf den Listen moderner Klassiker, obwohl ein Drink aus den cocktailistisch dunklen 80ern. Seinen Namen gibt ihm die Beere selbst, und sie ist im Drink der Star. Die Komposition scheint zunächst sehr einfach, setzt dafür den Likör und somit die Fruchtaromen um so deutlicher in Szene. Während die Basis eine Art Gin Sour bildet, schwimmt die Creme de Mûre auf dem Drink und sinkt langsam nach unten. Schon in der Nase dominiert daher Brombeere. Am Gaumen auch, aber die Zitronensäure zügelt die zuckrige Klebrigkeit des Likörs. Und der Gin macht wie immer alles besser – seine Botanicals ergänzen die Frucht- und Zitrusaromen, schaffen Tiefe und Lebendigkeit. Das Ganze ist so einfach und lecker, dass mancher sich vielleicht fragt, ob er das mögen darf. Man darf.
4,5 cl London Dry Gin (Tanqueray No. 10)
2,3 cl frischer Zitronensaft
1,5 cl Zuckersirup
1,5 cl Crème de Mûre
Brombeeren
In einem Tumbler drei Brombeeren muddeln. Mit Crushed-Eis auffüllen. Die ersten drei Zutaten auf Eis shaken und ins Glas abseihen. Die Crème de Mûre floaten. Mit Brombeeren und einem Zitronenschnitz garnieren. Je nach Geschmack und Intensität des Brombeerlikörs sollte die Menge angepasst werden.
Das Gelingen des Drinks hängt deutlich von der Basisspirituose ab. Der Gin sollte eher frisch sein: Tanqueray Ten liefert hervorragende Ergebnisse, ebenso No. 3 London Dry Gin. Als günstigste Alternative funktioniert Beefeater sehr gut. Der Brombeerlikör muss vor allem richtig dosiert sein, und hier sollte zwingend probiert werden, was keine so große Strafe ist. Die verschiedenen verfügbaren Produkte schwanken in Süße und Intensität. Eine historisch korrekte Variante mit englischem Brombeerlikör, die der Entstehungsidee eines Drinks aus ausschließlich auf der Insel heimischen Zutaten gerecht wird, braucht es wohl nicht. Französische Crème de Mûre füllt hierzulande im Fachhandel deutlich mehr Regalfläche. Wir haben Vedrenne benutzt und waren durchaus angetan. Cartron ist deutlich dominanter und schwerer zu händeln – kommt dafür ein einer sehr schönen Flasche. Von Gabriel Boudiers Likör verträgt der Bramble auch ein wenig mehr.
Solange es frische Brombeeren gibt, ist eine Beerendeko obligatorisch. Außerhalb der Saison ist der Bramble auch ohne sehr positiv.
The Wibble
Ein Drink mit zwei Säften und eineinhalb Likören ruft Skepsis hervor, übertünchen kräftige Primäraromen doch in vielen Kreationen einfach nur billigen Alkohol. Beim Wibble sind solche Sorgen jedoch völlig unberechtigt.
Sloe Gin hatte lange Zeit unter dem Image eines Bonbonwassers zu leiden, wobei die Schlehe doch eigentlich immer eine völlig ungenießbar saure Frucht war und jeder Liköransatz, der etwas taugte, das herbe Aroma einfangen wollte, statt es mit Zucker zu erschlagen. Erst Qualitätsprodukte mit typischem Fruchtcharakter verhalfen Sloe Gin zu einem Revival. (Auch das ist allerdings noch dabei Fahrt aufzunehmen. Wir werden bei Gelegenheit anschieben helfen.) Eines jener guten Produkte ist Plymouth Sloe Gin. Der Wibble dient ihm als Proof of Concept und zeigt, was damit alles möglich ist. Nach dem ersten Schluck merkt man bereits: eine ganze Menge.
3 cl Gin (Plymouth)
3 cl Sloe Gin (Plymouth)
3 cl Grapefruitsaft
1,5 cl Zitronensaft
1,5 cl Crème de Mûre
Die Zutaten auf Eis shaken und ins Cocktailglas abseihen.
Beim Wibble geht es nicht um Süße, nicht um knallige Früchte, sondern um verschiedene Arten von Säure. Die herbe Schlehe, bitter-saure Grapefruit und die scharfe Zitrussäure verbinden sich und finden mit der Beerensüße der Crème de Mûre ihr Gleichgewicht. Auf der Basis eines guten Gins bilden die Aromen einen neuen, interessanten Geschmack, der animiert, ohne fordernd oder kompliziert zu geraten. Das ist sehr Easy Drinking, aber eben keine belanglose Limo.
Damit der Wibble gelingt, müssen die Zutaten gewissenhaft und mit Gespür und Geschmack gewählt und verarbeitet werden. Frische Früchte sind Pflicht. Der Gin sollte sich beim Wacholder zurückhalten, der Sloe Gin vor allem die herbe Schlehe gut zur Geltung bringen: Die Originalvariante sieht so auch in beiden Fällen Plymouth vor. Zitrisch frische Botanicals integriert der Drink ebenfalls sehr gut. Wir haben Beefeater und Hayman’s Slow Gin verwendet und Gefallen daran gefunden. Die Dosis des Brombeerlikörs entscheidet, ob der Wibble gut und lecker oder richtig gut und spannend wird. Um das Spiel zwischen Säure und feiner Fruchsüße voll zu entfalten, braucht es nur wenig Crème de Mûre – zu viel hingegen plättet die Konturen.
Der Wibble passt nicht zum Trend alkoholreicher und durch Spirituosen dominierter Drinks, die die Charakteristik ihrer Basis in den Mittelpunkt stellen. Aber er passt zu vielen Gaumen, bietet eine wirklich positive Alternative für all jene, die dominante Destillate anstrengend finden, aber dennoch keine Banalitäten akzeptieren. Bramble und Wibble zeigen: Man muss nicht vor Einfachem und Süßem zurückschrecken, sondern es wie auch sonst immer gut balancieren und einbinden. Das gilt für die richtig schöne Tikis genauso wie für Brombeerdrinks aus England.
Image Credits: Patrick Schlieker.
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