Sloe Gin: Schlehe dem, der mixen will

Schlehdorn gehört zur Familie der Rosengewächse. Zwischen seinen auffällig belanglosen grünen Blättchen verbergen sich zentimeterlange spitze Dornen, um durch die Büsche streifenden Menschen oder Tieren die Augen auszustechen. Wer dem Gestrüpp seine kleinen mattblauen Früchte entreißen will, zerschindet seine Hände, nur um die Schlehen schließlich für völlig ungenießbar zu befinden. Das hat noch nie jemanden gehindert. Um die Schlehe geschmacklich zu verbessern, gibt es zwei Möglichkeiten: Gelee oder Alkohol. Die flüssige Variante überzeugt wie immer mehr. Eine Besonderheit der Schlehenlikörisierung stellt dabei der Sloe Gin dar, statt neutralem Alkohol kommt hier der englische Wacholderschnaps zum Einsatz. 

Sloe Gin findet man in vielen Rezepten vom Anfang des 20. Jahrhunderts, danach litt sein Ruf durch einen Angebots-Nachfrage-Teufelskreis. Da schlechte überzuckerte Schlehenliköre das Renommee und damit auch den Markt beschädigten, verzichteten die englischen Hersteller gänzlich darauf, ihre traditionellen Erzeugnisse überhaupt noch in die USA zu exportieren. Und was nicht an der American Bar stattfindet, hat in der Cocktailwelt ohnehin wenig Präsenz. Erst langsam schaffen es die Gins wieder über den Atlantik – die positive Seite des Gin-Hypes. Hierzulande müssen die amerikanischen Versorgungsengpässe uns nicht kümmern. Namhafte Hersteller pflegen ihre Sortimente oder anders gesagt: Sie reizen halt aus, was geht, sodass der Mixgetränkeenthusiast nun neben einer Fülle Old Tom Gins auch etliche Sloe Gins findet. Während vieles in die Bereiche Premium und „Craft“ fällt (Gin halt), haben sich auch zahlreiche etablierte Hersteller des Themas angenommen. Davon wollen wir uns drei Schlehengins näher ansehen und natürlich auch verarbeiten: Plymouth, Gordon’s und Hayman’s Sloe Gin.

Dreimal Sloe Gin: Gordon’s, Hayman’s, Plymouth

Dreimal Sloe Gin: Gordon’s, Hayman’s, Plymouth

Plymouth Sloe Gin ist das Luxusprodukt dieser Reihe mit stattlichen 29 Euro für die 0,7-Liter-Flasche. Schon der normale Plymouth Gin fällt durch seine Milde und übertriebene Unwacholdrigkeit auf. Beim Sloe Gin ist das nicht anders. Im Glas riecht er nach Sauerkirsche, Schlehe, schwarzer Johannisbeere, nach Gin allerhöchstens sehr dezent. Am Gaumen dann herb, sauer, lang, überdeutlich Schlehe, dunkle Beeren und vereinzelte Ginbotanicals sehr im Hintergrund. Insgesamt wirkt er durch die vordergründige Säure leicht und überhaupt nicht likörig fett oder zuckrig.

Hayman’s Sloe Gin bleibt unter 23 Euro (0,7 l). In der Nase die erste Überraschung: Der Gin riecht nach Dominosteinen – Fruchtgelee (mit etwas Voreingenommenheit Schlehengelee), Marzipan, Gewürze. Im Mund dann sehr sauber Schlehe, sauer, fruchtig und mit deutlicher Ginnote (Wacholder), trockener, leicht bitterer Abgang. Von den drei Gins hat er am meisten Körper, aber ebenfalls ohne viel Süße.

Gordon’s Sloe Gin made with really sloe berries – prepared from wild sloe berries and Gordon’s Gin. Also alles ganz natürlich. Die Absetzungsbemühungen von künstlich aromatisierten Zuckerwassern treten auf dem Etikett voll zu Tage. Im Preis machen sie sich nicht bemerkbar: Gordon’s bleibt hier die sichere Budgetoption mit weniger als 20 Euro. Wem von Ginsnobs anderes kundgetan wurde, dem sei hier positiv beschieden: Gordon’s ist sehr in Ordnung. Der Sloe Gin auch und vor allem ist er der ginigste der drei. In der Nase Gin, Wacholder, Angelika, dunkle Früchte und Schlehe. Und auch geschmacklich eher mild, zitronig, fruchtig, mit Schlehe und zarten Kirschnoten, deutlich Gin mit zitrischen Botanicals. Dabei wirkt der Sloe Gin nicht likörig, sondern immer noch wie eine Spirituose mit einem leichten, kurzen Abgang.

Allen gemein ist nicht nur der Alkoholanteil von 26 Vol.-%, sondern vor allem der herbe, leicht saure Geschmack. Schlehe, aber nicht Zucker – so soll es sein. Wie sehr das eine zeitlang nicht die Regel gewesen zu sein scheint, zeigen Cocktailrezepte, die in späteren Versionen die fehlende Säure des Sloe Gins durch Zugabe von Zitronensaft zu kompensieren suchten. Ein Beispiel dafür ist der Black Hawk.

Black Hawk

Im Black Hawk zeigt der Sloe Gin, was er kann. Ein simpler Cocktail: Bourbon und Sloe Gin eins zu eins. Über den Bourbon (oder Rye) muss man sich auch noch Gedanken manchen, aber ansonsten entscheidet hier die Schlehe über Wohl und Wehe. Wenn man sie denn lässt. Neuere Rezepte geben dem Gemisch 15 ml Zitronensaft bei. Nicht wenig, und in vielen Fällen ist das schon zu viel. Die Schlehe ist herb mit einem an Kirschen erinnernden Aroma, aber sie ist nicht so hart und kantig sauer wie Zitrusfrüchte und sie hat ihnen in einem Drink, den gerade das Gleichgewicht zweier Zutaten auszeichnet, wenig entgegenzusetzen. Im besten Fall trifft sie auf einen würzigen Bourbon oder Rye, dem solche Aromen gefallen (Bulleit). Plymouth Sloe Gin spielt hier seine Fruchtigkeit und Säure voll aus. Hayman’s funktioniert ebenfalls sehr gut.

Black Hawk

4,5 cl Bourbon (Bulleit)
4,5 cl Sloe Gin

nach Geschmack einen Spritzer Zitrone

Auf Eis verrühren, in ein Cocktailglas abseihen und mit einer Kirsche garnieren (oder auch nicht).

Sloe Gin Cocktail Black Hawk und Black Thorn

Sloe-Gin-Cocktails: Black Hawk (hinten) und Blackthorn.

Blackthorn

Für den Blackthorn Cocktail ist die Schlehe sogar namensgebens, nicht die Frucht (sloeberry), sondern der Busch. So simpel kann das sein, denkt man, doch hier wird es kompliziert, existieren doch eine Reihe von Cocktails mit diesem Namen, die, und das ist frech, alle keinen Sloe Gin verwenden. Stattdessen kommen Irish Whiskey und Absinth zum Einsatz. (Wer sich dennoch nicht abhalten lässt: Die gute Variante des schlehenlosen Blackthorn ist nicht das Original, wie es sich etwa im Savoy-Cocktail-Buch präsentiert, sondern die Neuinterpretation von Gaz Regan: Blackthorne.)

Unser Blackthorn stammt aus dem Esquire’s Handbook for Hosts und besteht zu gleich zwei Dritteln aus Sloe Gin. Der Rest ist süßer Wermut und ein Dash Bitters. So einfach kann eben doch das sein. Und so lecker. Je nach Gin hat der Drink einen gewissen Vibe von Gin & It, aber das ganze mit einer bombigen Frucht und einer zarten, fast sorbetartigen Säure. Alle drei Sloe Gins funktionieren hier, verleihen dem Blackthorn aber auch ihr ganz eigenes Profil. Plymouth ist am fruchtigsten, Gordon’s schön ginbeton und der Hayman’s fantastisch ausgewogen.

Blackthorn Esquire’s Handbook

6 cl Sloe Gin
3 cl süßer Wermut
1 Dash Zitrone
1 Dash Angostura Bitters

Auf Eis verrühren, ins Cocktailglas abseihen. Zitronenzeste zum Garnieren (optional).

Sloe Gin Cocktail Black Hawk Black Thorn

Sloe Gin Fizz

Neben diesen sehr klassisch und spirituosenfokussierten Drinks, gibt es auch leichtere, schnellere oder auch partytauglichere Sloe-Gin-Cocktails. Der Wibble wurde hier an anderer Stelle schon vorgestellt. Noch einfacher lässt sich ein Sloe Gin Fizz mixen. Müsste man nicht shaken, wäre dies so einfach wie Gin & Tonic. Um die volle Feierbiestigkeit zu erreichen, nehmen wir Gordon’s Sloe Gin und staunen, wie leicht und fruchtig das Ergebnis gerät: sehr zu empfehlen.

Sloe Gin Fizz
6 cl Sloe Gin
1,5 cl Zitronensaft
1 EL Puderzucker
Sodawasser

Sloe Gin, Zitronensaft und Zucker kraftig auf Eis shaken, in ein Fizzglas (schmal und eher klein) abseihen. Mit Sodawasser aufgießen, dass es schäumt.

Sloe Gin Fizz

Feierbiest: Sloe Gin Fizz.

Image Credits: Patrick Schlieker.

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