Elk’s Fizz

Nachdem die ersten Ergebnisse der Portwein-Mixerei so positiv ausfielen, muss diese Reihe angesichts des Portwinedays zwingend fortgesetzt werden. Auf Gin kann eigentlich nur die dickste Säule der amerikanischen Barkultur folgen: Bourbon (oder in diesem Fall halt Rye, wer wird bei den Taxonomien denn so kleinlich sein?). Statt nun mit der Hypothese zu improvisieren, dass, was Kirschwein kann, mit Portwein gleich noch einmal so gut gelänge, mixen wir lieber nach einem preisgekrönten Rezept von 1901 den Elk’s Fizz.

Barraum des Hoffman House, Druck von 1890. Frauen fanden sich hier lediglich einmal in der Woche, sonst nur auf Leinwänden.

Die beständigen Bemühungen von Bibliotheksarchäologen und Cocktailbuchdigitalisierern bringen Rezeptperlen wenn oft nicht in unsere Hände, dann doch zumindest auf unsere Bildschirme zurück. So auch Charles S. Mahoneys The Hoffman House Bartender’s Guide – How to Open a Saloon and Make It Pay von 1905. Über Mr. Mahoney und das Hoffman House, seinerzeit angesagteste Hotelbar von New York, offenbart das Büchlein genug, um sich in eine fremde Welt hervorragender Barkultur versetzt zu fühlen, vom Jerry-Thomas-haften Warenmanagement (Eis vor Benutzung waschen) bis zur Insektenbekämpfung („The bane of many a saloon keeper is ants and other insects which get in the mixing and cordial bottles“). Bartender-Legende Harry Craddock lernte im Hoffman House sein Handwerk. Fast ist es also schade, dass hier ein einzelnes Rezept im Mittelpunkt steht und nicht der ob seiner (mittlerweile in Museen gelangten) Aktbildnisse berühmte Saloon – gegenüber der Bar hing unter einem roten Baldachin Bouguereaus „Nymphs and Satyr“. Der Elk’s Fizz ist jedoch gar keine Kreation des Hauses, sondern vor allem durch publizistisch-cocktailistisches Mischmarketing in die Sammlung des Bartender’s Guides geraten.

Rezept Elk's Fizz

1901 gewann Peter F. Sindar aus St. Paul, Minnesota, mit seinem Elk’s Fizz die bartenders’ medal der National Police Gazette. Jenes Boulevardblatt war mit seiner Mischung aus (nach den Maßstäben der Zeit) kleidungsarmen Fotoarbeiten und Illustrationen, Sportreportagen, Lifestyletipps und schlüpfrig-skandalösen Geschichten, die das breite fruchtbare Feld zwischen Journalismus und Fiktion bestellten, Vorläufer von späteren Herren- oder heutigen Männermagazinen. Die Police Gazette berichtete nicht nur aus der Barszene der Zeit und veröffentlichte selbst Cocktailbücher, ihren Herausgeber Richard K. Fox verband auch genug Freundschaft mit Clubbetreiber Mahoney, um dessen Bartender’s Guide zu verlegen. Ohne diesen mutmaßlich bei einem alkoholischen Getränk verabredeten Fall von gegenseitiger Handwäsche wäre das Rezept wohl nicht so prominent überliefert – wenn überhaupt. Also ein klarer Fall von Positive Printing.

Elk’s Fizz von Peter F. Sindar (1901)

4,5 cl Rye
2,3 cl Portwein (Ruby Port)
1,5 cl frischer Zitronensaft
1 Tl feinster Zucker
1 Eiweiß
Sodawasser

Ananasschnitz

Zucker im Zitronensaft auflösen, Rye und Port hinzufügen. Ei waschen und trennen. Eiweiß hinzugeben. Kräftig shaken, anschließen noch einmal mit Eis shaken. In ein kaltes Fizzglas abseihen. Mit einem Schuss Soda auffüllen und mit Ananas garnieren.

Vom Elk’s Fizz finden sich auch Rezepte, die einen höheren Portanteil fordern, wir bleiben beim Verhältnis von zwei zu eins, wie oben aufgeführt. Gehen wir davon aus, dass Zitronen um 1900 kleiner waren, sollten 1,5 cl Saft reichen statt der 2,5 bis 3 cl heutiger Früchte. Und statt mixfreundlicher Läuterzucker kommt echter Zucker zum Einsatz, damit der Drink, der ohnehin noch eine Sodaergänzung erhält, nicht weiter verwässer. Ebenfalls zu diesem Zweck haben wir Rittenhouse 100 verwendet.

Elk's Fizz Cocktail

Eine einzige Ananas reicht für 138 Elk’ Fizzes.

Der Elk’s Fizz schmeckt leicht und spritzig, gewinnt durch den Whisky dennoch eine schöne Tiefe, während die Fruchtigkeit des Portweins das Thema vorgibt. Mehr Port geht hier sicherlich und macht nichts kaputt, aber gerade die Balance, das Gleichgewicht der Komponenten macht seine Qualität aus. Wer zuvor an der Cocktailkompetenz der Police Gazette zweifelte, wird vom Elk’s Fizz schnell eines Besseren belehrt. Dass die Macher des Blattes sich getränkegeschmacklich auf der Höhe ihrer Zeit befanden, darf jedoch nicht verwundern. Wer seine Tage damit verbringt, über „frolicsome young women“, eine „sprightly trapeze artist“ oder „a bevy of dimpled darlings“ zu texten, braucht hinterher (vielleicht auch schon vorher) einen Drink und erwirbt sich Kompetenz auf diesem Gebiet somit ganz automatisch.

Elk's Fizz Cocktail

Image Credits: Patrick Schlieker, Library of Congress.

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